Interview mit Sabine Gryczke

Schulleiterin Sabine Gryczke
Vom 18. bis 22. Februar 2019 erprobten SchülerInnen der sechsten Klassen in der Gustav-Falke-Grundschule im Rahmen einer Projektwoche zum Thema „Erneuerbare Energien und 3D-Konstruktion“ die 3D-Drucktechnik. Das Ganze wurde unter der Schirmherrschaft von Modul e.V. in Kooperation mit dem Solar-Dorf Kettmannshausen e.V. durchgeführt.
In einem Interview verrät Schulleiterin Sabine Gryczke mehr über das besondere Profil ihrer Schule und die Notwendigkeit der Ausrichtung auf neue Technologien.

Unser Profil ist mittlerweile sehr vielgestaltig. In den Naturwissenschaften sind wir gut aufgestellt. Die beginnen bei uns bereits ab der 1. Klasse mit einem Schwerpunkt auf Experimentieren. Hierfür haben wir auch eine eigene Lernwerkstatt. Das Ganze wird nun noch durch ein Sprachbildungskonzept unterstützt. Das beinhaltet, dass jedes Kind einmal jährlich einen Sprachtest absolviert und dann einer Sprachbildungsgruppe zugeordnet wird. Wir haben derzeit 47 Sprachbildungsgruppen mit einer Größe von acht bis maximal zwölf Kindern.
Derzeit weiten wir das bestehende Profil noch weiter auf ein MINT-Profil aus. MINT bedeutet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Im Bereich Mathe haben wir bereits ein neues Kurssystem und auch hier schon gutes Feedback erhalten. Der zweite Bereich ist Informatik. Dazu gehört beispielsweise Programmieren und Roboter bauen. Das machen wir bereits beides an unserer Schule.
Die Arbeit mit 3D-Druckern könnte das zukünftige Profil ganz wunderbar ergänzen. Daher bin ich sehr froh, dass Modul e.V. an uns herangetreten ist und wir das in dieser Woche einmal ausprobieren und schauen ob das überhaupt an einer Berliner Grundschule funktioniert.

Ich glaube, dass es sehr gut funktioniert. Und vor allem sehe ich, dass es den Kindern wirklich Spaß macht und das ist das Entscheidende.
Sie müssen Fragen an die Welt stellen, experimentieren und sich so die Welt erschließen können. Daher bin ich der Auffassung, dass man diesen Teil der Informatik auch in der Grundschule verorten sollte. Es muss natürlich deutlich runter gebrochen werden. Aber das Entscheidende ist, Interesse zu wecken und Freuden zu bereiten. Denn die hält die Kinder dann, wenn es zunehmend kognitiver wird, bei der Stange.

Wir wollen uns gerne mal Schulen in Thüringen anschauen, die teilweise schon mit der 3D-Technik arbeiten. Anschließend versuchen wir das im Design eines möglichen Modellversuches umzusetzen. Außerdem wollen wir gern im nächsten Sommer mit einem MINT-Modell fürs Land Berlin starten können. Hier stehen wir in Kooperation mit zwei weiteren Schulen.
Ein weiteres Projekt, das wir weiter voranbringen wollen ist die durchgängige Demokratiebildung. Alle Erzieher der Schule durchlaufen derzeit eine dreijährige Fortbildung auf Grundlage eines Konzepts, zu dem gehört beispielsweise die Stärkung des Kindes und dem Aufzeigen, dass jedes Kind hier willkommen ist.
Ich sehe Schule als Experimentierfeld des späteren mündigen Bürgers, der Verantwortung übernehmen soll. Daher sollte es nicht nur dem Geschichts- oder Sozialkundeunterricht überlassen werden, sondern sehr viel breiter aufgestellt werden. Wir besitzen jetzt schon ein Schülerparlament und einen eigenen Schülerhaushalt mit eigenem Budget, das wir dankenswerter Weise von der Schulverwaltung erhalten. Außerdem haben wir viele Gemeinschaftsdienste wie Konfliktlotsen, einen Schulsanitätsdienst und EDV-Lotsen. Das Ganze wollen wir weiter vorantreiben und ausbauen.

Ich glaube das Angebot von Modul kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn frühe Begegnungen können zukunftsweisend für Kinder sein. Und Themen wie nachhaltiges Wirtschaften und erneuerbare Energien werden ihre zukünftige Lebens- und Arbeitswelt bestimmen. Die Eltern sind in der Regel nicht darauf vorbereitet und in der Gesellschaft wird es auch noch nicht hinreichend diskutiert. Insofern wäre es ein Versäumnis, wenn Schule nicht darauf reagiert.
Wir überlegen jetzt schon wie ein kleines Curriculum für den Bereich aussehen könnte. Das ganze Design wird nochmal wichtig sein, dh. mit wieviel Stunden soll es dann regulär im Unterricht verankert sein, soll es ein Basismodul oder ein Additum geben oder wird es frei wählbar sein.

Es ist die Kombination aus Vorstellungsvermögen, wie gute Schule aussehen könnte verbunden mit einer hohen Sozialkompetenz und einer hohen Belastbarkeit. Denn Grundschule hat nur zwei Funktionsstellen: die Schulleitung und die Stellvertreterin, dh. wir haben kein mittleres Management, das die Fragen unserer mittlerweile 82 MitarbeiterInnen abfedern kann. Wenn sie etwas auf den Weg bringen wollen, dann müssen sie die Zustimmung des gesamten Kollegiums gewinnen. Und das gelingt nur, wenn alle bei Laune gehalten werden (lacht).
Die Freude am Gestalten ist dann die zweite wichtige Eigenschaft, die man mitbringen sollte. Man sollte sich stets von seinen Zielen leiten lassen und diese dann auch im Laufe des Geschäfts nicht aus den Augen verlieren. Die Belastbarkeit kommt dann noch hinzu. Allerdings schwindet diese vor dem Angesicht dessen, was man bei seiner Arbeit zurückbekommt und wenn man merkt, dass das Handeln erfolgreich ist. Bevor ich anfing hatten wir eine Überweisungsquote aufs Gymnasium von 42% und jetzt liegt diese schon bei 52%. Das ist innerhalb von drei Jahren erreicht worden.