
Auch für aus migrantisch geprägten Familien stammende Jugendliche können faschistische Bewegungen eine interessante Jugendkultur darstellen. Besonders aktiv in der Jugendarbeit sind in Deutschland die aus der Türkei stammenden Grauen Wölfe, als Selbstbezeichnung auch „Ülkücü Gençlik“
(Idealisten-Jugend) genannt. Ihre Vorstellungen der Überlegenheit türkischer oder turanischer Völker ist deutschen Vorstellungen des Ariertums sehr ähnlich. Ihre Organisationen existieren in Deutschland seit Jahrzehnten und haben nach Schätzungen in Deutschland rund 18.000 Mitglieder, rund dreimal mehr als die NPD.
Der Umgang mit Rassismus und rechtsextremen Vorstellungen kann für pädagogische Mitarbeiter*innen in Kontexten, in denen sie sich weniger gut auskennen oder in denen sie sich selbst als Außenseiter*innen in dem Konflikt wahrnehmen, schwierig sein.
Oftmals gibt es überhaupt das Problem diese Gruppen und ihre Codes zu erkennen. Auseinandersetzungen suchen die zugehörigen Jugendlichen zumeist auch weniger mit den pädagogischen Mitarbeiter*innen, sondern eher mit ihren erklärten Feinden, wie beispielsweise Armenier*innen, Kurd*innen oder Linken.
Wobei es auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen mag, kann gerade die Erfahrung in Deutschland rassistisch ausgegrenzt zu werden, zu einer Hinwendung zu vermeintlich starken und Gemeinschaft stiftenden Organisationen, wie den Grauen Wölfen, führen. Die Herausforderung für die pädagogischen Mitarbeiter*innen ist es diesen Aspekt zu verstehen, aber gleichzeitig das Phänomen dennoch als ideologische Äußerung, und somit auch die Jugendlichen, ernst zu nehmen.
In dieser Veranstaltung soll sich dem Thema von Grund auf genähert werden. Was ist die Ideologie dieser Bewegung? Was ihre Geschichte und ihre Organisationen in Deutschland? Was ist eigentlich die Geschichte der Türkei und den Armenier*innen und Kurd*innen? Wie lassen sich ihre Codes in der Jugendarbeit erkennen? Was macht ihre Attraktivität für Jugendliche aus, gerade wo diese doch oft selbst von Rassismus betroffen sind? Welche Ansätze gibt es ihnen in der Jugendarbeit zu begegnen? All diese und weitere Fragen, werden hier diskutiert werden.
Referent: Pierre Asisi, ufuq.de
Der Vortrag, der auch gleich der letzte in unserer Reihe “Multi:Perspektiv — Pädagogik in der Migrationsgesellschaft” ist, wurde am 13.06.22 um 15 Uhr hier auf unserer Website als Livestream gezeigt. Eine Übersicht über alle Vorträge und die dazugehörigen Aufzeichnungen finden Sie hier.